Blog Pfarrer Gerhold: 19. April 2020

19. April 2020: Quasi modo geniti: gleichsam neu geboren. Ein Zitat aus dem 1. Petrusbrief im Neuen Testament, 2. Kapitel, Vers zwei. Das ist der korrekte Namen dieses ersten Sonntags nach dem Osterfest. Ein ermutigendes Bild: Durch die Auferstehung von Jesus gibt es für alle Menschen die Chance, ihr Leben neu auszurichten, ein zweites, anderes Leben zu beginnen: weg von den alten Gewohnheiten, Bosheit, Betrug, Heuchelei, Neid erwähnt der 1. Petrusbrief als Beispiele, hin zu Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung, wie der „Konziliare Prozess“ der europäischen Kirchen der Ökumene es ausdrückt. Ein Umdenken ist gefragt, eines, dass die Erfahrungen aus der Phase des derzeitgen „Lock down“ aufnimmt und eine Entwicklung vorzeichnet, die mehr ist als eine Rückkehr in die vor-pandemischen Zeiten. „Mehr Umkehr wagen!“ (in Anlehnung an das Originalzitat des deutschen Bundeskanzlers Willy Brandt aus dem Jahr 1969: „Mehr Demokratie wagen“), so will ich es heute formulieren. Chancen nützen, die wir alle miteinander jetzt vielleicht noch als etwas seltsam erleben: wie die Reduktion des Verkehrs, die neue Bezogenheit auf das unmittelbare Lebensumfeld, das soziale Engagement, die neue Wertigkeit der Religionen. Die Bildungschancen, die sich auch aus den neuen Unterrichtsformen entwickeln, die jetzt noch als Notlösung angesehen werden. Die Lust auf Literatur, auf das Lesen, auf kulturelle Angebote (wie auf orf.at heute zu lesen: rund 18.000 Streams aus dem Angebot der Wiener Staatsoper werden jeden Abend aufgerufen!), das sind hoffnungsvolle Anzeichen einer neuen Lebenskultur, einer sich anbahnenden Umkehr. Zumindest lese ich diese Signale in diese Richtung. Ich wünsche mir, dass die angedachten Perspektiven nicht als zeitbezogene Wunschträume übrigbleiben, die bald wieder vergessen sind. Quasi modo geniti: gleichsam wie neugeboren: ein aufbauender, ermutigender Satz aus dem 1. Petrusbrief, einer, der das Leben in eine neue Perspektive rückt.
Diesen aufgehenden, weiten Blick wünsche ich Ihnen an diesem Sonntag und dass sich der Blick nicht mit dem morgigen Tag verschleiert, sondern klar bleibt, zur Umkehr von uns allen. Gott segne Sie!
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