Blog Pfarrer Gerhold 2. Mai 2020

Gestern war der 1. Mai 2020. Kein Grund, einen Blog zu schreiben. War es doch der 1. Mai 2020, der „Tag der Arbeit“. Aber nachdenken darüber, was denn „Arbeit“ überhaupt bedeutet, dazu war am Tag der Arbeit Zeit. Zusammen mit Reinhard P. Gruber, der just in diesen Zeiten des „LockDown“ sein Buch „Anders denken“ (Droschl-Verlag 2020) herausgegeben hat. Anders denken darüber, was allen jetzt so dringend durch den Kopf geht: Wie die Arbeit wieder hochfahren? Das machen wir ja sogar in den Kirchen: wie die Gottesdienste wieder „hochfahren“, zurück zum gewohnten Bild der offenen Kirchensonntage. Reinhard P. Gruber denkt über Alternativen nach, über das Aufbrechen von „Denkverboten“. Und lädt in dem Beitrag „Kulturbalkon“ in „Steiermark heute“ (vom 29. 4. 2020, ORF-TV-Thek) dazu ein, gemeinsam mit ihm dieses andere Denken anzugehen. Gerne nehme ich seine Einladung an. Und denke darüber nach, was mich seit den 80er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts begleitet: die Überlegungen zum „Grundeinkommen ohne Arbeit“. Für viele eine Schreckensvorstellung. Aber warum? Ein Grundeinkommen gibt Menschen ihre Würde aus sich selbst heraus wieder zurück. Nicht Arbeit, Erfolg, Wachstum, Bildung bestimmt den Wert einer Person, sondern ihr einfaches Dasein: „Du bist da. Unvoreingenommen. Teil der Menschheit, biblisch gesprochen: ein Geschöpf Gottes.“ Weil es aber in unseren Tagen einen Geldwert braucht, das Leben zu gestalten, ist das Grundeinkommen die notwendige Basis.
Ich höre sie noch im Ohr, die bekannten Sprüche: „Wer nichts arbeitet, soll auch nichts essen!“ und ähnliche, im Grunde genommen unmenschliche Gedankengänge. Oft heißt es auch: „Die Arbeit gibt dem Menschen Würde!“ Dagegen setze ich: Jede Person auf der Welt hat ihre Würde schon in sich. Ohne Arbeit. Wobei ein Grundeinkommen ja die Arbeit nicht verbietet, im Gegenteil: jedem Menschen steht es frei, zu arbeiten. Aber seine Existenz hängt nicht davon ab. Aber jede unter dieser Voraussetzung arbeitende Person kann in ihrem Lebensraum ein sozialer Angelpunkt sein, ein Ruhepol, ein zum Wohlergehen der Gemeinschaft beitragender Mensch.
In diese Richtung hin will ich weiter denken, auch heute am 2. Mai, und am 3., und wenn es mir geschenkt ist auch 2021 und darüber hinaus. Weil, so verstehe ich Reinhard P. Gruber, dieser „ShutDown“ (oder LockDown) die einmalige Chance bietet, Alternativen anzudenken. Aber wie Reinhard P. Gruber befürchte ich, dass es beim Denken bleiben wird.
Ein schönes Thema, um im Gespräch zu bleiben, das auf alle Fälle! Schreiben Sie mir: andreas.gerhold@evang.at
Bleiben Sie in Gott behütet.