Blog Pfarrer Gerhold, 26. April 2020

Der heutige Sonntag trägt einen wunderbaren Namen im Kirchenjahr: „Misericordias domini„. Nach Psalm 33, Vers 5: Gott liebt Gerechtigkeit und Recht; die Erde ist voll der Güte des Herrn. Misericordias bedeutet: Güte, Barmherzigkeit, auch Mitleid. Der ganze Psalm 33 bezieht sich auf diese Eigenschaften Gottes, die ihren Anspruch auch an die Erdbewohner*innen stellen. Durchaus im umfassenden Sinn!
Leitpsalm diese heutigen Sonntags ist allerdings der 23. Psalm, der „Hirtenpsalm“. Die Übersetzung von Martin Luther klingt vielen im Ohr: „Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln. Er weidet mich auf einer grünen Aue und führt mich zum frischen Wasser. Er erquickt meine Seele. Er führt mich auf rechter Straße um seines Namens willen. Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir. Dein Stecken und Stab trösten mich. Du bereitest vor mit einen Tisch im Angesicht meiner Feinde. Du salbst mein Haupt mit Öl und schenkst mir voll ein. Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen ein Leben lang, und ich werde bleiben im Haus des Herrn immerdar.“
Das Bild des Hirten ist Schwerpunkt am heutigen Sonntag. Ein Bild der Fürsorge des Hirten/der Hirtin um seine/ihre Herde. Eine Beschreibung auch des Gemeinwohls, der gegenseitigen Achtung und Be-Achtung. Gott vertraut uns Menschen seine Güte und Barmherzigkeit an. Wir reichen sie weiter an die, die uns anvertraut sind. Solidarität gehört dazu, ein Teil des Lebenswegs miteinander gehen, aufeinander zu achten: „Schau ich auf dich, schau ich auch auf mich!“ In Anlehnung an ein derzeit sehr bestimmendes Verhaltensmotto. Hirten*innen achten besonders auf die Schafe, die zurückbleiben, die dem Tempo nicht mehr folgen können und wenn es sein muss, tragen Hirten*innen diese Schafe zurück zur Herde. Mit diesem Bild fällt mir wieder die Zeit des digitalen Unterrichtes ein, der doch einige Schüler*innen nicht erreicht hat, die nun Rückstände haben. Sie brauchen besonders die Aufmerksamkeit der Lehrenden, brauchen „ihre Schultern“, die sie wieder zurück in den Unterricht, in das Lerntempo bringen. Hirten*innen, ganz selten kommen sie in unseren Lebensräumen noch vor, aber ihre Arbeit, ihr Bezug zur Herde sind noch immer vertraute Assoziationen, die wir kennen. Gerade wenn der „LockDown“ langsam wieder aufgehoben wird, bestimmte Lebensräume wieder geöffnet werden, sind die Güte des Herrn, das Vertrauen und das Anvertrauen Leitthemen, die uns einander näherbringen, uns verbinden. Feine Linien, die zu wachsen beginnen, uns stärken auf dem Weg wieder zueinander.
Einen feinen Sonntag wünsche ich Ihnen und wenn Sie möchten, schreiben Sie mir: andreas.gerhold@evang.at