Blog Pfarrer: 10. April 2020

Ein Karfreitag ohne die große Gemeinde in der Kirche, in der wir sonst mit sehr reduzierter Liturgie, ganz konzentriert dem Kreuzestod Jesu gedenken. Es ist der Kernpunkt evangelischen Glaubens und mit der Auferstehung das Zentrum jeder christlichen Theologie. Heute hat der Karfreitag einen ganz anderen Rhythmus, verläuft wesentlich ruhiger und eröffnet auch Chancen, einmal ganz für sich der Bedeutung dieses Tages nachzugehen. Dabei erinnere ich und gedenke einem ganz großen evangelischen Theologen, für den Kreuz und Auferstehung Grundlage aller seiner Schriften, Bücher und theologischer Lehre, aber auch seines gesellschaftlichen und besonders auch seinem politischen Engagement gewesen ist: Dietrich Bonhoeffer, der, 1906 in Breslau geboren, am 9. April 1945 im KZ Flossenbürg erschossen worden ist. Bonhoeffer gehörte dem Kreis derer an, die 1944 das Attentat auf Adolf Hitler geplant hatten. Im Gefängnis schrieb Bonhoeffer ein Gebet in Gedichtform an seine Familie (und für sich selbst): „Von guten Mächten wunderbar geborgen, erwarten wir getrost, was kommen mag. Gott ist mit uns am Abend und am Morgen und ganz gewiss an jedem neuen Tag“ (als Lied zu finden im Evangelischen Gesangbuch Nr. 65). Ein Gedicht, das die Trauer über sein erwartbares Todesurteil aufnimmt und über die eigenen Lebensgrenzen in die große Hoffnung münden lässt, die uns mit dem Tod und der Auferstehung von Gott geschenkt ist. So können wir in der Freiheit des Glaubens leben und agieren, uns vom Glauben lenken lassen in Gedanken, Worten und Werken. 1951 wurde ein Buch mit dem Titel „Widerstand und Ergebung“ von Eberhard Bethge herausgegeben, in dem die Briefe, Predigten und andere Aufzeichnugen (wie das Gedicht „Von guten Mächten“) gesammelt nachzulesen sind. Ein kleines Zitat daraus, für den heutigen Karfreitag von der Herrnhuter Brüdergemeinde im Losungsbuch ausgewählt, wird mich den Tag über begleiten: „Wir müssen uns immer wieder sehr lange und sehr ruhig in das Leben, Handeln, Leiden und dem Sterben Jesu versenken, um zu erkennen, was Gott verheißt und was er erfüllt. Gewiss ist, dass im Leiden unsere Freude, im Sterben unser Leben verborgen ist; gewiss ist, dass wir in dem allen in einer Gemeinschaft stehen, die uns trägt.“ Ich setze für den heutigen Karfreitag 2020 dazu: auch ohne prall gefüllte Kirchen. Die wir im nächsten Jahr hoffentlich wieder vorfinden werden, als Feiertag, der im ganzen Land gilt. Gott segnet Sie, bleiben Sie geduldig und erleben Sie den Karfeitag (nur in diesem Jahr!) als persönlichen Feiertag. Wenn Sie Zeit haben, schreiben Sie mir: andreas.gerhold@evang.at